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2018-01-13 | 992 |
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Stil der Alltagsrede
Stil der schönen Literatur
Die in der deutschen Sprache der Gegenwart real existierenden funktionalen Stile können hier nur in ihren Grundzügen beschrieben werden. Denn eine detailierte Ausführung würde der Rahmen der vorliegenden Lehrhilfe sprengen. Daher kann im weiteren nur versucht werden, gerade die sprachlich-stilistischen Merkmale (Stilzüge) eines jeden Redestils darzulegen, die seine funktionale Spezifik bewirken, d.h. die Wesensmerkmale, die die einzelnen funktionalen Stile gegeneinander abgrenzen.
1.2.1. Der Stil der öffentlichen Rede
Grundfunktion dieses Stils ist die offizielle schriftliche und mündliche Verständigung einerseits zwischen den Staatsämtern und Behörden untereinander und andererseits zwischen öffentlichen Organisationen und dem Publikum. Es handelt sich also um die sprachliche Fassung ämtlicher Dokumente, Gesetze und Vorschriften, um die Gestaltung der Diplomaten-, Gerichts- und Handelskorrespondenz sowie aller mündlichen Ansprachen bei offiziellen Anlässen. Reden, die den Rahmen der sachlichen Mitteilung überschreiten, dürfen schon nicht mehr in den Bereich der offiziellen Verständigungsweise gezählt werden. Der Staatsmann auf diplomatischen Konferenzen, der Ankläger oder Verteidiger bei Gericht, lassen sich vom Gegenstand ihrer Mitteilung hinreißen, sie drücken ihre Einstellung zur angeschnittenen Frage aus und überschreiten dabei den Rahmen des Amtsstils.
Ein gesunder Amtsstil ist durch folgende Wesenszüge charakterisiert: Unpersönlichkeit und Sachlichkeit, gedrängte Kürze, streng literarische Form, leichte Fassbarkeit.
Man unterscheidet folgende Erscheinungsformen des Stils der öffentlichen Rede:
- schriftlich-monologisch (in Dokumenten, Akten, Protokollen usw.);
- mündlich-monologisch (in Reden von Amtspersonen);
- mündlich-dialogisch (im Amtsverkehr).
Die genannten Erscheinungsformen sind literarisch genormt; auch bei mündlichem Verständigungsweg ist keine umgangssprachliche Auflockerung zulässig.
Diesem Funktionalstil gehören folgende Textsorten an: Programmbeschlüsse der Regierung, Erlässe des Parlaments, diplomatische Verträge, Memorandien, Abkommen, Protokolle, Noten; Gesetze, Strafordnugnsgesetzbücher, Verordnungen in der Rechtsprechung, Handels- und Kommerzvereinbarungen, Amtspost in Handel und Volkswirtschaft; Statute, Befehle, Verordnungen im Militärbereich; Amtsschreiben, Akten, Protokolle, Anweisungen, Bekanntmachungen, Telegramme im Amtsleben; Anträge, Erklärungen, Vollmachten, Testamente im Leben der einzigen Person; Rezepte, Gebrauchanweisungen in unterschiedlichen Lebensbereichen. [ Brandes: 162]
Im Stil der öffentlichen Rede ist eine bestimmte funktional gefärbte Lexik mit eingeschlossen: teils sind es deutsche und fremdsprachige Termini, teils nichtterminologische Klischees, z. B. in der Rechtswissenschaft: Strafverfahren, Urteil fällen, Zeuge, das Wort entziehen, der Gerichtshof. Spezifische Prägung der funktional gefärbten Lexik äußert sich in einer gewissen Steife und Förmlichkeit.
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So bringt jeder Geschäftsbrief, jede Meldung, jedes Gesuch einleitend hinter der funktional gefärbten Abkürzung betr. (betreffend, betreffs) stichwortartige Angaben des Inhalts. Betr.: Urlaubsgesuch wegen dringender Familienangelegenheiten.
Zum Abschluss eines Dokuments wird oft die Zahl der Anlagen genannt oder namentlich angeführt (Anlagen: Geburtszeugnis, Leumundszeugnis, Reifezeugnis).
Jedes Protokoll muss – bei bestimmter Architektonik – einen spezifischen Wortschatz bringen wie etwa:
Protokoll über … - am … - um … - anwesend … (z.B.: lt. [ laut ] Anwesenheitsliste 35 Teilnehmer - Leitung - Tagesordnung - Beginn - Verhandlungsablauf - Beschluss - Unterschrift des Protokollanten (Schriftführers) - f. d. R.
Pronominaladverbien wie hiermit, hiervon, hierfür – süddeutsch hiemit, hievon, hiefür – sind Wahrzeichen offizieller Formulierungen:
Hiervon werden Sie rechtzeitig in Kenntnis gesetzt.
Hiermit bitten wir Sie …
Zu den funktional-stilistischen Besonderheiten des Stils der offiziellen Rede gehört auch der intensive Gebrauch von analytischen Verbalverbindungen.
Ich werde die Feststellung des Resultates vornehmen lassen (anstatt: Ich werde das Ergebnis feststellen lassen).
Diese Verbalverbindungen tragen dazu bei, ideographische und stilistische Schattierungen auszudrücken. Die Fügung zur Verlesung bringen ist nicht einfach eine Streckform von verlesen, sondern vielmehr ein Inchoativum zu verlesen und bedeutet: “ darangehen, etwas zu verlesen ”. Die Stilfärbung dieser Wortgruppe ist gehoben, offiziell. Verwendung finden ist kein vollständiges Synonym zu verwenden, ebensowenig wie: Bericht erstatten – berichten, Bedeutung haben – bedeuten.
Eine besonders wichtige Rolle im Stil des offiziellen Verkehrs spielen die Wort- und Wortgruppenklischees sowie die Satzklischees: in Anerkenung der Tatsache; zur Genehmigung vorlegen (Dokumente, Verträge, Abänderungen); gleiche Gültigkeit haben; übertragene Befugnisse; den Eingang des Schreibens bestätigen; für die Richtigkeit der Anschrift u. ä. All diese Klischees stehen im Zuge der Entpersönlichung, insbesondere im Bereich der Amts- und Handelskorrespondenz. Vgl. die Vordrucke für Geschäftsbriefe, Bankkontos, Zeugnisse verschiedener Art u.ä.
Die Stilnormen des gegenwärtigen deutschen Amtsstils verlangen Ausschaltung jeglicher Emotionalität – daher völliger Ausschluss expressiver Lexik und Phraseologie. Keinerlei bewertende Epitheta, emotionale Idiome, vollständiges Fehlen individueller Tropen, Vergleiche und Periphrasen. Trotz aller Unpersönlichkeit weisen manche Textsorten im öffentlichen Stil Expressivität aus: a) logische Expressivität in politischen (Parteibeschluss, Deklaration), juristischen und anderen ämtlichen Dokumenten; b) emotionale Expressivität (Trauer, Nachruf, Worte des Gedenkens).
Auch die Syntax im Stil der offiziellen Rede muss dazu beitragen, die gesellschaftlichen Funktionen dieser sprachlichen Verwendungsweise richtig zu erfüllen. Die der deutschen Literatursprache zu Gebote stehenden syntaktischen Konstruktionen werden so ausgewählt, dass sie – auf grammatischem Wege – den Eindruck des Unpersönlichen und Offiziellen erwecken. Daher intensive Verwendung von unpersönlichen und unpersönlich gebrauchten Verben, von Passivkonstruktionen, von Infinitiven und Partizipien II in imperativischer Funktion. Vgl. folgende Amtsanweisungen: Es wird gebeten, nicht zu rauchen. – Rauchen verboten. – Das Werden von Kühen auf dieser Wiese ist nicht gestattet. – Hinausbeugen gefährlich. - Folgende Richtlinien sind zu beachten. Als Mittel zur Erzielung sprachlicher Knappheit bedient sich der moderne Amtsstil häufig der Ellipse: Bestellungen durch die Buchhandlung erwünscht. Deutliche Handschrift erbeten. Auch Nennsätze stehen im gleichen Dienst. Anstatt zu schreiben, dass das Zugsabteil für Raucher bestimmt ist, heißt es kurz und verständlich: [Für] Raucher. Plakate zeigen auf dem Bahnsteig an: Zum Ausgang.
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Der Stil der Wissenschaft
Da Wissenschaft und Technik dazu berufen sind mit Hilfe sachlich-systematischer Beweisführung die Erkenntnis der Wirklichkeit und ihrer Gesetze zu vermitteln, muss die gesamte Ausdrucksgestaltung auf diesem Gebiet gesellschaftlicher Tätigkeit unter dem Zeichen der Sachlichkeit und Logik, der Klarheit und Fassbarkeit stehen. Die genannten Stilzüge des wissenschaftlichen Stils treten sowohl in seinen schriftlichen als auch in seinen mündlichen Erscheinungsformen zutage, sowohl in akademischen als auch in populärwissenschaftlichen Schriften. Man kann folgende Erscheinungsformen des Stils der Wissenschaft nennen:
- schriftlich-monologisch (in wissenschaftlichen Publikationen aller Art);
- mündlich-monologisch (in wissenschaftlichen Vorlesungen und Referaten);
- mündlich-dialogisch (in wissenschaftlichen Debatten).
Alle Erscheinungsformen des wissenschaftlichen Stils sind literarisch genormt.
Gewiss unterscheiden sich die einzelnen Zweige der Wissenschaft durch manche Verschiedenheit in den stilistischen Zügen ihrer Sprachgestaltung (vgl. z.B. die Stilverschiedenheiten in linguistischen und mathematisch-technischen Abhandlungen). Doch die wesentlichen Stilzüge sind die gleichen. Zur Unterstützung der sprachlichen Ausdrucksgestaltung ist die Verwendung außersprachlicher Hilfsmittel möglich: statistische Tabellen, Stichbilder, Diagramme, Skizzen usw.
M. P. Brandes unterscheidet 4 Typen der wissenschaftlichen Dokumente in schriftlicher Form.
1. Eigentlich wissenschaftliche Texte (Monographie, Zeitschriftenaufsatz, Kurzbericht, Übersicht, wissenschaftlichgeschichtlicher Aufsatz, Disskussionsbeitrag u. a. m.);
2. Wissenschaftlich informative Texte (Annotation, Referat, Resümee);
3. Wissenschaftliche Nachschlagewerke (Nachschlagebuch, Lexikon);
4. Wissenschaftliche Lehrtexte (Lehrbuch, Lehrhilfe). [ Brandes: 178-180]
Die lexikalische Grundlage bildet die neutrale literarische Lexik ohne expressive Färbung in Verbindung mit funktional-stilistischer Terminologie, d.h. mit deutscher oder fremdsprachiger Terminologie. Termini helfen, den Sachverhalt eindeutig und sprachökonomisch auszudrücken: die Frequenz, die Lösung, PS (Pferdestärke), Sg (Singular), 4,5 kg, Internet, N (Newton), m (Meter). Einen wichtigen Bestandteil der deutschen wissenschaftlichen Lexik bilden terminologische Neologismen: Breitwandfilm, DIN – Deutsche Industrienorm, H-Bombe – Wasserbombe, glaskeramische Stoffe, hochbelastbare Geräte. Dialektismen, Argotismen, Vulgarismen widersprechen den Normen des wissenschaftlichen Stils. Die architektonische Funktion zieht spezielle “Gliederungswörter” nach sich: erstens, zweitens, einmal, zum anderen, einerseits, andererseits u. ä. Charakteristisch für den Stil der Wissenschaft ist der Einschluss von Belegstellen aus anderen Werken. Hier handelt es sich um wichtiges Beweismaterial, das die Ansichten des Schreibenden bekräftigt.
Auch der grammatische Bau des wissenschaftlichen Stils muss der Forderung nach Logik, Klarheit und leichter Fassbarkeit nachkommen.
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1. Passivkonstruktionen gehören zu den unentbehrlichen Mitteln der objektiven, logischen und unpersönlichen Darstellung.
2. Die unvollständige Rahmenkonstruktion dient zur Hervorhebung des inhaltlich Wichtigen.
3. Zu den syntaktischen Merkmalen dieses Stils gehört eine sparsame Verwendung von Ausrufesätzen.
4. Fragesätze sind ein charakteristisches Merkmal der Syntax im wissenschaftlichen Stil: Und woher kommt das plötzliche, neuartige Verstandenwerden?
In der wissenschaftlichen Prosa sind Parallelismus und Antithese, Aufzählung und Wiederholung sehr gebräuchlich.
Ein α-Strahl erzeugt 10 000 bis 30 000 Paar Ionen je cm,
Ein β-Strahl ungefähr 100, ein γ-Strahl dagegen nur eines.
Im wissenschaftlichen Stil hat sich die Tradition herausgebildet, zur Wahrung der Objektivität und der Bescheidenheit die ich-Form zu meiden: Der Verfasser dieses Artikels ist der Meinung … - wie dem Verfasser scheint … - wie es scheint.
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